248 r §. 89. Fortgang der Reformation.
Luther den großen und kleinen Katechismus ausarbeitete, mit
allem Ernst und Fleiß betrieben.
Da sich, hiedurch erschreckt, die katholisch gebliebenen
Fürsten über strenge Gegenwirkungen beriechen, schloßen die
evangelischen Fürsten zur Sicherung des Errungenen
1326 das Torgauer Bündniß. Dagegen brachten die katho-
lischen Stände, die sich unterdessen (bei Gelegenheit der Krö-
nung Ferdinands zum Könige von Böhmen) näher verständiget
hatten, cs dahin, daß
1329 der Reichstag zu Speyer, (den zunächst das Vordrin-
gen der Türken veranlaßte) das bisher nicht befolgte Wormser
Achtsedict gegen Luther erneuerte und jede weitere Verbreitung
seiner Lehre verbot, wogegen aber die evangelischen Stände
feierlich protestirten und daher den Namen Protestanten
erhielten.
Nun brachten.einige lutherische Stände (namentlich Hessen
und Sachsen) ein Bündniß mit den Zwinglischgesinnten in
Vorschlag, aber Luther, der in verschiedenen Ansichten Zwing-
li's offenbare Abweichungen vom wahren Glaubensgrunde
sah, rieth davon ab. Um daher eher zum Zwecke zu kommen,
suchte der Landgraf von Hessen, welcher Luthers Lehre inner-
lich weniger erfaßt hatte, zunächst die streitenden. Theologen
zu vereinigen, und lud sie daher noch in demselben Jahre zu
einem Religionsgespräch nach Marburg. Allein
Luther und Zwingli konnten sich dabei über die Lehre
vom heiligen Abendmahl nicht vereinigen, und obwohl sie
persönlich in Liebe schieden, so blieb doch die längst eingetre-
tene verderbliche Trennung der Protestanten in Luthera-
ner und Reformirte fortbestehen; ja sie schärfte sich
in der Folge nur noch mehr. (s. §. 91 a. E.)
Da man den Kaiser, der die Protestation nicht ange-
nommen hatte, immer strenger auftreten sah, so entstund
unter den lutherischen Ständen die Frage über das Recht
des Widerstandes gegen das Reichsoberhaupt. Obgleich
die sächsischen Juristen dieses Recht behaupteten, so erklärte
«doch Luther, daß dasselbe nicht in der heiligen Schrift ge-
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Extrahierte Personennamen: Ernst Ferdinands Luthers Luther
250
§- 89. Fortgang der Reformation.
Schutzschrift ausgehen, welche unter dem Namen Apolo-
g i e sammt jenem Glaubensbekenntnisse zu den symbolischen
Schriften der lutherischen Kirche gehört.
Weil aber nun der Kaiser in dem Reichsabschiede den
Protestanten die letzte Frist zur Rückkehr in den Schooß
der katholischen Kirche setzte, und das mit lauter Katholi-
ken besetzte Reichskammergericht zunächst im Prozeßwege
den Protestanten beizukommen suchte: so schloßen die meisten
protestantischen Stände zur Vertheidigung ihres Glaubens
und ihrer Gerechtsame
1331 den schmalkaldischen Bund, den sogar diejenigen
katholischen Fürsten nicht ungern sahen, welche Österreichs
Übermacht (durch die Erhebung Ferdinands zkm deutschen
König) fürchteten. Doch die anf's neue drohende Türken-
gefahr bewog den Kaiser, mit den protestantischen Ständen
1332 den Nürnberger Neligionsfrieden zu schließen,
der zwar unter der Bedingung, daß man die kammer-
gerichtlichen Prozesse gegen die Protestanten einstellen
wolle, zu Stande kam, ihnen aber wegen Mangels rechts-
giltiger Form (nämlich der Zustimmung der katholischen
Ständemehrheit) noch keine Sicherheit gewähren konnte.
Doch beschwichtigte er eine Zeit lang den Ausbruch der
feindlichen Stimmung, und hatte für das gemeinsame deutsche
Vaterland den günstigen Erfolg, daß die Türken, über-
rascht von der Einigkeit der Deutschen, welche sich mit dem
größten Heere, das man seit Jahrhunderten in der Ehri-
stenheit gesehen hatte, bei Wien versammelten, ihren Rück-
zug schon in Ungarn wieder antraten, das sie jedoch noch
in ihrer Gewalt behielten.
Unterdessen war in der Schweiz der Haß der Reli-
gionsparteien (s. §. 88 a. E.) zum vollen Ausbruch ge-
kommen. Da die fünf kleinen katholischen Cantone,
wider das eidgenössische Recht, einen Bund mit Österreich
schloßen, ja Unterwalden vorher sogar ins Bernische ein-
gefallen war, so trieb Zwingli zum Krieg gegen dieselben,
mußte aber, da jene durch Berns Vermittlung den Bund
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252 §. 89. Fortgang der Reformation.
Ulrich von Württemberg, —der als Landfriedensbre-
cher von dem schwäbischen Bunde (einer 1488 gestiftete
Vereinigung süddeutscher Fürsten zur Aufrechthaltung des
Landfriedens) aus seinem Lande vertrieben worden war,— in
dieses sein Land (das der Kaiser unterdessen seinem Bru-
der, dem König Ferdinand, zu Lehen gegeben hatte) durch
Waffengewalt (1534) wieder ein zu setzen, so
daß Ferdinand sich zu einem Vergleiche zu verstehen und das
Geschehene zu bestätigen genöthigt sah.
Unter solchen Umständen geschah es um so leichter, daß
die lutherische Reformation in Deutschland-noch weiter um
sich griff. Dem Beispiele Württembergs, wo Ulrich so-
gleich die bisher von Österreich niedergehaltene (lutherische)
Reformation durchführte, folgten alsbald Elsaß, Baden
und mehrere Reichsstädte (darunter Augsburg); und in
Norddeutschland traten viele Städte ohne große Hinder-
nisse der Reformation bei. Nur in Pommern und Weft-
p h a l e n erfolgte sie unter schweren Kämpfen mit dem Kle-
rus und dem Adel:
Am heftigsten war der Kampf in Münster. Hier hatte
man schon die Augsburger Confession durchgesetzt; bald aber
fanden 1531 von den Niederlanden her die sitten- und ftaats-
gefährlichen Schwärmereien der (damaligen) Wieder-
täufer Eingang, die durch den fanatischen Schneidergesellen
Johann von Leyden (oder Jan Bockelsohn aus dem
Haag) sich bis zu den entsetzlichsten Ausschweifungen steiger-
ten , in denen sich geistlicher Hochmuth, niedrige Selbstsucht,
gemeine Sinnenlust, Rohheit und Blutdurst abscheulich
mischten und eine weit um sich greifende Zerrüttung drohten.
Endlich wurde das Unwesen durch den vertriebenen Bischof
und die vereinigten Heere der Fürsten 1535 gedämpft, aber
auch der Katholicismus daselbst wieder zurückgeführt. —
Dieser neue Auswuchs, der die protestantische Sache zu ent-
stellen drohte, hat indeß nur dazu gedient, den wahren
Protestantismus zu desto größerer Nüchtern-
heit und Klarheit zu erheben.
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Extrahierte Personennamen: Ulrich_von_Württemberg Ferdinand Ferdinand Ferdinand Ulrich_so- Johann_von_Leyden_( Johann Jan_Bockelsohn Hochmuth
256 $. 91. Die Religionskriege in Deutschland.
neutral bleiben wollte, so suchte der Kaiser einen Anhalt
an England und an den protestantischen Stän-
den in Deutschland, und ließ es darum geschehen, daß
der schmalkaldische Bund den Herzog Heinrich von
B r a u n sch w e i g, der einige schmalkaldische Städte hart be-
drängte, aus seinem Lande vertrieb.
Bei seinem Wiedererscheinen in Deutschland bestrafte nun
zwar der Kaiser den mit Frankreich verbündeten Herzog von
Cleve und zwang ihn, die Reformation in seinem Lande wie-
der aufzuheben; versprach aber den protestantischen Ständen
Deutschlands ein allgemeines freies Concilium und Rechts-
gleichheit vor dem Reichskanlmergericht, und erhielt so ihre
Hülfe zum Zuge gegen Frankreich, auf welchem er nun
den König Franz durch eine rasche Wendung gegen Paris da-
hin brachte, daß derselbe
1544 den Frieden von Crespy eingieng, worin Franz auf
Italien, Karl auf Burgund verzichtete.
3. Die Religionskriege in Deutschland.
$• 91. Obgleich nun wegen dieses glücklichen Ausgangs der Kai-
ser mit Nachdruck in Deutschland hätte auftreten können, zu-
mal die Mitglieder des schmalkaldischen Bundes unter sich
uneinig waren, so fuhr der Kaiser dennoch fort, die Prote-
stanten schonend zu behandeln, weil erhoffte, sie würden sich jetzt
dem Concilium fügen, das aufseinen Betrieb Papst Paul Iii
ausschrieb, so daß nun wirklich
1845 das Concilium zu Trident (oder Trient) seinen A n-
fang nahm.
Allein die protestantischen Stände Deutschlands sahen die-
ses Concilium, weil es ihnen nicht angekündigt wurde und es
auch anfangs nur mit ausländischen Theologen besetzt war,
für kein freies an und verlangten ein Concilium deut-
s ch e r Nation.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von
B Heinrich Cleve Franz Franz Crespy Franz Franz Karl_auf_Burgund Karl Paul
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland England Deutschland Deutschland Frankreich Deutschlands Frankreich Paris Italien Deutschland Deutschland
258 §. 91. Die Religionskriege in Deutschland.
festigen, und seine Streitkräfte aus Ungarn und Ztalien zu-
sammenziehen , worauf er sodann gleich die N e i ch s a ch t
gegen die schmalkaldischen Bundeöhäupter
aussprach.
Da diese mehr vertheidigungs-, als angriffsweise zu Werke
gehen wollten, so wagten sie bei ihrer Belagerung von In-
golstadt keinen ernstlichen Sturm, sondern brachen bald wie-
der auf, um das aus den Niederlanden herkommende kaiserliche
Hülfsheer an einer Vereinigung mit dem Kaiser zu verhindern.
Da ihnen aber dies nicht gelang, so gieng nun der Kaiser
'angriffsweise zu Werke und drang in Schwaben ein. Eben
als die schmalkaldischen Fürsten, weil sie von den oberländi-
schen Städten nicht ausreichend unterstützt wurden, Friedens-
vorschläge thaten, trat Moritz, nachdem er vom Kaiser
die geheime Versicherung der Kur würde erlangt
hatte, offen für den Kaiser auf und nahm das Land
Johann Friedrichs, das ihm dieser bei'm Ausbruch des Krieges
arglos zur Verwaltung anvertraut hatte, in eigenen Besitz. Da
nun der Kaiser die Verbündeten aufforderte, sich auf Gnade
und Ungnade zu unterwerfen, so zogen die Fürsten vom
bisherigen Kriegsschauplatz ab, ein jeder um sein Land zu
vertheidigen.
Während der Kaiser sich nun alle süddeutschen
Städte unterwarf und sie m i t st a r k e n Schatzungen
bestrafte, befreite Kurfürst Johann Friedrich, sein Land
von den schwachen Besatzungen Moritzens, der sich zu Ferdi-
nand nach Böhmen flüchtete, und nahm an der Elbe eine
für Ferdinand drohende Stellung ein.
Dies bewog den Kaiser nach Böhmen aufzubrechen und
nach seiner Vereinigung mit Ferdinand und Moritz mit einem
starken Heere von da aus in Sachsen einzurücken, wo er den
nach Wittenberg eilenden Kurfürsten einholte, ihn
1547 in der Schlacht bei Mühlberg gefangen nahm und seines
Kurfürstenthums verlustig erklärte, das nun an Moritz ver-
liehen wurde, so daß also die K u r nun auf die albe r-
tinische Linie von Sachsen übergieng.
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Extrahierte Personennamen: Moritz Johann_Friedrichs Johann Friedrichs Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritzens Ferdinand Ferdinand Moritz Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Niederlanden Schwaben Sachsen Wittenberg Mühlberg Sachsen
260 §. 9l Die Religionskriege in Deutschland.
neue Papst Julius Iii verlegte das Concil wieder nach Trient
zurück, und da jetzt auch die deutschen Erzbischöffe und Prälaten
ihren Sitz dort einnahmen, so schickten auch einige protestantische
Fürsten, darunter Sachsen, ihre Theologen zum Concil. Schon
schien der Kaiser seinem Ziele, der Beschränkung päpstlicher Ge-
walt, nahe zu seyn, als sich plötzlich die auswärtigen Angelegen-
heiten wieder so drohend gegen ihn gestalteten, daß er es für
gut fand, vor Allem den Widerstand in Deutschland zu brechen.
Er befahl daher Moritzen, an dem widerspenstigen Magde-
burg die Reichsacht zu vollstrecken, und dieser schloß die
Stadt mit einem Heere ein.
Da aber ganz Deutschland den vom Kaiser ausgehenden
Druck täglich härter empfand und den Moritz als Urheber
desselben ansah und verabscheute; Moritz selbst aber mit des
Kaisers Politik unzufrieden war (theils weil dieser seinen
Schwiegervater fortwährend in hartem Gewahrsam hielt, theils
weil der Kaiser damit umgieng, seinen Sohn, den sp a n i sch e n
Philipp, den Deutschen zum Nachfolger im
Kaiserthum aufzudringen): so änderte Moritz plötz-
lich seine Gesinnung gegen den Kaiser. Er schloß insgeheim
mit einigen protestantischen Fürsten einen Bund und verschaffte
sich von König Heinrich Ii von Frankreich Geldhülfe gegen
das Versprechen, ihm dafür das Reichsvicariat von M e tz,
Tou), Verdun und Cambray (Kammerich) zu überlassen;
alsdann vertrug er sich mit der Stadt Magdeburg, brach mit
seinen Bundesgenossen Wilhelm von Hessen und Mark-
graf Albrechtvonbrandenburg-Culmbach gegen
den Süden auf und überfiel den nichts Arges ahnenden
Kaiser in Innsbruck, so daß dieser kaum Zeit hatte
nach Kärnthen zu entfliehen.
Hierauf berief sein Bruder, König Ferdinand, die pro-
stantischen und katholischen Fürsten zu einem Fürstentag nach
Passau, auf welchem
1832 im Passauer Vertrag den Protestanten Augsburgischer
Confession völligegewifsensfreiheit eingeräumt und die
bürgerliche Rechtsgleichheit in Aussicht gestellt wurde. Nachdem
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Deutschland Deutschland Verdun Magdeburg Hessen Albrechtvonbrandenburg-Culmbach
§. 92- Die Religionskriege in Frankreich.
263
4. Die Religionskriege in Frankreich.
92. Jjitttf) die einflußreiche Wirksamkeit Calvin's in Genf
war die Reformation auch in Frankreich eingedrungen
und hatte sich schon weit verbreitet, ungeachtet Franz I
die neue Lehre durch die grausamste Verfolgung ihrer Be-
kenner vertilgen zu können glaubte. Der im Calvinismus
vorherrschende Sitteneifer hatte dort, in Verbindung mit dem
so leicht erregbaren französischen Charakter, zwischen den Pro-
testanten und Katholiken einen besonders scharfen Gegensatz
hervorgerufen. Bald wurde die Reformation in die dortigen
Hofparteiungen hineingezogen und zu politischen Zwecken
benützt.
Rach dem Tode Franz I (dessen Leichtsinn, Sittenlosig-
keit und Verschwendung viel Unheil über Frankreich gebracht
hatte) war unter seinem Sohn und Nachfolger, dem nicht
minder sittenlosen Heinrich Ii, das Geschlecht der Guisen
(aus dem lothringischen Hause) zu vorherrschender Macht
~ am Hofe gekommen, so daß sich ihnen" und dem Hofe eine
andere Partei entgezenstellte, an deren Spitze die Bour-
bonen, anfangs in Verbindung mit dem Hause Mont-
morency, standen. Da mit den Montmorcncy's der
calvinistische Admiral Coligny verwandt war, so wur-
den die Calviniften oder Protestanten zur bourbonischen Par-
tei gerechnet und unter dem Namen Hugenotten von
den Guisen, die unter Heinrich's Nachfolger, dem an Leib
und Geist schwachen Franz Ii, am Hofe unumschränkt herrsch-
ten, nur desto mehr verfolgt, zumal sie immer weiter sich
ausbreiteten und dabei im Eifer sich oft zu Ordnungsstörun-
gen verleiten ließen.
Da versuchten es die Bourbonen (durch die Verschwö-
rung von Amboise) die Guisen zu stürzen; aber ihre Häup-
ter wurden gefangen, und eines derselben, der Prinz
Conde, war schon zum Tode verurtheilt, als Franz Ii
starb, und nun die für den minderjährigen Karl Ix re-
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Extrahierte Personennamen: Franz_I Franz Franz_I Franz Heinrich_Ii Heinrich Admiral_Coligny Franz_Ii Franz Conde Franz_Ii Franz Karl_Ix Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Genf Frankreich Frankreich Amboise
266 §. 92. Die Religionskriege in Frankreich.
Dominikanermönch, Jakob Clement, 1589 ermordet wurde.
Doch erkannte er noch vor seinem Sterben den jungen Hein-
rich als seinen Nachfolger an.
So kam denn nun die Thronfolge zur Freude der
Protestanten an Heinrich von Navarra, der als König von
Frankreich Heinrich der Vierte genannt wird. Ob-
gleich er 1590 die Ligue in einer Schlacht besiegte, konnte
er doch Paris nicht einnehmen, und der Fortgang seiner
Waffen war um so mehr gehemmt, da der mit der Ligue
verbundene König Philipp Ii von Spanien zweimal ein
Heer in Frankreich einrücken ließ. Weil nun der gemäßig-
tere Theil der französischen Katholiken, welche die spanische
Übermacht fürchteten, nur auf den Rücktritt Heinrichs zur
katholischen Kirche wartete, um sich ihm zu unterwerfen,
und selbst die Protestanten nicht läugneten, daß er, ohne
diesen Schritt zu thun, sich im Königthume nicht halten
könne: so trat Heinrich Iv, um Frankreich zu beruhigen,
zur katholischen Religion über, wurde dann allge-
mein als König anerkannt, und gab einige Zeit darauf
1ññ8 in dem Edict von Nantes den Protestanten fast
gänzliche Religionsfreiheit und Zutritt zu den
Staats Ämtern. Dieß that er jedoch nicht ganz frei-
willig , weil er mehr von dem Katholicismus die Erweite-
rung seiner königlichen Gewalt hoffte; daher auch die Huge-
notten fortwährend eine für den Staat drohende Stellung
einnahmen. (§. 99 a. E.)
Unter Heinrichs wohlwollender Negierung, bei der ihn
sein Minister und Freund S u l l y wesentlich unterstützte,
hatte Frankreich seine glücklichste Zeit: und doch starb er
1610 durch die meuchelmörderische Hand eines Fanatikers,
und Frankreich gerieth unter seinem unmündigen und unfä-
higen Sohne, Ludwig Xiii, durch die Regierung elender '
Günstlinge eine Zeit lang in die traurigste Verwirrung. Für
Deutschland aber war Heinrich's Tod ein Glück: denn seinem
kur; zuvor geschlossenen Bündnisse mit der protestantischen
Union daselbst lag von seiner Seite die geheime Absicht zum
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich Frankreich Nantes Frankreich Frankreich Deutschland
272 §. 94. Die Republik der vereinigten Niederlande.
dachte nun aber darauf, auch in den Niederlanden einerseits
die ständischen Freiheiten zu beschranken, anderseits alle
und jede Reformation durch die Inquisition
zu unterdrücken.
Denn die spanische Inquisition (s. K. 78) war
zwar unter Karl Y mäßig gehandhabt worden; aber Philipp
ñeng gleich bei seinem Regierungsantritt in Spanien wieder
an, weder Stand, noch Alter, noch Geschlecht zu verschonen,
und überall loderten dort wieder die Scheiterhaufen, auf
denen alle, die nur ein leiser Verdacht der Ketzerei oder sonst
freier Gesinnung traf, unter Hohn und Spott, oft zur Ver-
herrlichung der Hoffeste, verbrannt wurden, wie das selbst
bei Philipps Hochzeitsfeier der Fall war.
Um jenen Zweck nun auch in den Niederlanden zu er-
reichen, legte Philipp vorerst mehr spanische Truppen in's
Land und gab seiner Halbschwester, der mildgesinnten Mar-
garetha von Parma, als Statthalterin der Nieder-
lande, den geschäftsgewandten, ganz dem Willen des Königs
sich hingebendcn Cardinal Granvella an die Seite. Dieser
machte sich jedoch durch Willkühr und Stolz bei dem nieder-
ländischen hohen Adel, der sich von seinem bisherigen Ein-
flüsse auf die Regierung des Landes ausgeschlossen sah, sehr
verhaßt. An der Spitze dieses Adels standen drei Männer
aus den höchsten Geschlechtern, der Prinz Wilhelm von
Naffau-Orarrierr, genannt der Schweigsame, der
G r a f E g m o n t und der Graf Horn. Ihre nähere Verei-
nigung , verbunden mit der steigenden Unruhe des unzufrie-
denen Landes, nöthigte den König, sowohl die Truppen zu-
rückzuziehen, als auch in Granvella's Entfernung stillschwei-
gend zu willigen.
Als nun aber doch die Inquisition in Gang kam, und
Blutgericht und Holzstoß da und dort schon ihr gräßliches
Werk begannen; als keine Berufung auf beschworne Frei-
heiten , kein Anspruch auf Behandlung als deutscher Reichs-
theil bei Philipp etwas half: so schloß der darüber empörte
Adel 1566 einen Bund, die Geuherr genannt, von dem
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Extrahierte Personennamen: Karl_Y Karl Philipp Philipp Philipps Philipps Philipp Philipp Cardinal_Granvella Wilhelm_von
Naffau-Orarrierr Wilhelm Philipp Philipp
§. 94. Die Republik der vereinigten Niederlande. 275,
ken zur See bei Lepanto gebrochen hatte) bestätigte. Da
er aber den Vertrag verletzte, um die spanische Herrschaft
wenigstens in einem Landestheile wieder völlig herzustellen,
was ihm auch gelang, so entstund ein neuer Aufstand; und
als der neue spanische Statthalter Alexander von Par-
ma, Margarethens Sohn, den Niederländern zwar ihre
alten Rechte einräumen, aber in allen Provinzen die katho-
lische Kirche wieder Herstellen wollte: so schloßen die sieben
nördlichen reformirten Provinzen auf Betrieb
Wilhelms von Oranien die Utrechter Union, wogegen
sich die südlichen katholischen Provinzen den gewandten Un-
terhandlungen und glücklichen Waffen des spanischen Statt-
halters meistens fügten, unter Bedingungen jedoch, die ih-
nen eine größere Selbstständigkeit gewährten, als sie zuvor
hatten.
Hierauf sagten sich
1381 die vereinigten Generalstaaten von der spani-
schen Regierung los und stellten den von Philipp in
die Acht erklärten Wilhelm von Oranien, — und als
dieser bald darauf, in Folge dieser Ächtung, von einem der
auf ihn lauernden Mörder in seinem Palaste zu Delft
meuchlings erschossen wurde, dessen jungen und
raschen Sohn Moritz an die Spitze ihrer Republik. Zwar
war die neue Republik durch Parma's Kriegsglück eine Zeit
lang sehr bedrängt. Als aber nach Parma's Eroberung
von Antwerpen 1585 (dessen Belagerung durch die
Ausdauer beiver Theile sehr denkwürdig ist) England den
Niederländern Beistand leistete, und Philipp im Kriege
gegen England seine unüberwindliche Flotte (s. §. 93)
verlor und aus Mangel an Geldmitteln kaum die südlichen
Niederlande behaupten konnte: so eroberte Moritz die ver-
lornen Theile der Union wieder, und Spanien war, eilf
Jahre nach Tode Philipps, genöthigt, 1609 mit der Re-
publik der vereinigten Niederlande einen
zwölfjährigen Waffenstillstand zu schließen
und die Niederlande als freien Staat anzuerkennen.
18*
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Extrahierte Personennamen: Lepanto Alexander_von_Par- Alexander Margarethens Wilhelms Philipp Philipp Wilhelm Moritz Philipp Philipp Moritz Philipps Philipps
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Antwerpen England England Niederlande Spanien Niederlande Niederlande